Erschienen am 30.8.2003 in der Kreiszeitung Böblinger Bote: |
Timo Singvogel vom VfL Sindelfingen bei den U17- Europameisterschaften guter Fünfter |
| Georgischer Bär noch etwas zu schwer |
In Baku, der Hauptstadt Aserbaidschans, fanden vergangenes Wochenende die Europameisterschaften der U17-Judoka statt. Timo Singvogel vom VfL Sindelfingen scheiterte erst im Halbfinale, erreichte als amtierender deutscher Meister einen guten fünften Platz. "Da war mehr drin", ist der 16- Jährige mit seinem Abschneiden im Kaukasus immer noch nicht richtig zufrieden. Im Kampf um den dritten Platz führte Singvogel schon gegen seinen polnischen Gegner dank eines Wasari, einer großen Wertung. Ließ sich dann aber von seinem Gegenüber durch einen so genannten Abtaucher überraschen. Und stand ohne Medaille da. "Dumm verloren", bilanziert der drahtige Blondschopf. "Eine Medaille hätte ich schon gerne mitgebracht." |
Dennoch war Baku eine Reise wert. "So genau wusste keiner, was auf uns zukommen, wie die Wettkämpfe ablaufen würden", blickt Timo Singvogel zurück. Doch jegliche Sorgen waren unbegründet. Die deutsche Mannschaft wohnte im Fünf-Sterne-Hotel direkt neben der Sporthalle, die stolze 8000 Zuschauerplätze bot. Das Turnier erfreute sich einer hervorragenden Organisation und einer überraschend großen Resonanz, die Halle war während der Wettkämpfe nahezu voll besetzt. "In Aserbaidschan ist Judo sehr populär", erklärt der Sindelfinger. Das zeigte sich auch in den Leistungen der Kämpfer aus dem Gastgeberland. "In fast jedem Finale stand ein Aserbaidschaner", zollt der deutsche U17-Meister der Kaukasus-Republik Respekt. Die Judokas vom Schwarzen Meer hätten eine unangenehme Kampftechnik. "Die gehen dauernd auf die Beine. Damit kommen die Mitteleuropäer nicht zurecht", analysiert der Sindelfinger. Fast genauso unberechenbar wie die jungen Männer aus Aserbaidschan seien deren Nachbarn aus Georgien. Genau an einem solchen scheiterte Singvogel in seiner Klasse bis 50 Kilogramm im Halbfinale. "Der war bärenstark", nickt das deutsche Leichtgewicht anerkennend. "Der verlor keinen Kampf, wurde Europameister." |
In der Vorbereitung auf die Meisterschaft am Schwarzen Meer bewältigte Singvogel mit seinem Coach Mirko Grosche bis zu sieben Trainingseinheiten in der Woche. Fuhr jeden Freitag nach Karlsruhe, um sich mit ihm unbekannten Judoka zu messen. "Im Olympiastützpunkt Sindelfingen kenne ich jeden Gegner auswendig", erklärt der 16-Jährige die mühsamen Fahrten ins Badische. Nicht zuletzt diese Maßnahme half ihm, die ersten drei Runden in Baku siegreich zu überstehen. Schon das Viertelfinale gegen einen französischen Gegner gestaltete sich als schwieriger als erwartet. Erst 40 Sekunden vor Ende der maximalen Kampfzeit von vier Minuten gelang dem Sindelfinger eine Innensichel. Der Weg ins Halbfinale war geebnet. Dort war Schluss. |
Die Reisestrapazen sind für Singvogel kein Grund, dass es nicht bis ganz nach vorne gereicht hat. Auch wenn es einen enormen Aufwand darstellte, für einen Kampftag ans Schwarze Meer zu fliegen. Nach insgesamt knapp sechs Stunden Flug über Moskau nach Baku war am Donnerstag erst einmal Ausruhen angesagt. Am Freitag meldete sich das deutsche Team bei den Organisatoren und versuchte, sich beim Stadtrundgang noch einmal zu entspannen. Am Wettkampftag, für die leichteren Klassen der Samstag, für die schweren Jungs der Sonntag, stand zuallererst das obligatorische Wiegen an. Ja kein Kilo zuviel auf der Anzeige. Danach wurde nochmal nach Herzenslust gefrühstückt, ehe es in die Sporthalle ging und ernst wurde. Da in Baku nur drei Kampfmatten zur Verfügung standen, musste Timo Singvogel relativ lange werten, bis er an die Reihe kam. Dann ging es Schlag auf Schlag. Mit dem bekannten Ausgang. |
Jetzt stehen drei Wochen judo-freie Zeit an. Der 16-Jährige wird mit einigen Freunden ein paar Tage wegfahren, den Kopf wieder freimachen, ehe der Schulalltag und damit auch wieder Trainingsalltag einkehren. Davor ist dem jungen Sindelfinger nicht bange. Judo ist und bleibt seine große Leidenschaft. Und liegt in der Familie. Vater Wilfried Singvogel stand schon lange vor Timo auf der Judo-Matte. Und Timos älterer Bruder Tobias hängt ebenfalls mit großem Erfolg an dem Kampfsport. Ist auch Mitglied einer Leistungsgruppe des Olympiastützpunktes in Sindelfingen. Und trotz seiner 63 Kilogramm oft Trainingsgegner seines ein Jahr jüngeren Bruders. |
Timo Singvogel muss sich ohnehin an schwerere Gegner gewöhnen. Und selber ein paar Pfunde zulegen. Er wechselt im nächsten Jahr in die nächste Altersklasse, die U20. Dort geht die leichteste Gewichtsklasse bis 55 Kilogramm. Immerhin sind das ein paar Kilo mehr als bisher. "Das sehe ich als große Herausforderung", gibt sich der Blondschopf mutig. "Auch wenn das erste der drei Jahre ein Lehrjahr sein wird." Singvogel muss sich bei den Älteren erstmal reinkämpfen. Ist das geschafft, will er wieder bei deutschen oder Europameisterschaften um Medaillen kämpfen. |
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